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Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre.
Jesaja 53,4
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Auf das heutige Thema will ich mit einer Geschichte einstimmen, die so überliefert ist,
von der ich aber nicht weiß, ob sie sich tatsächlich so zugetragen hat. Wie dem auch
sei: Aus ihr wird erkennbar, um was es beim Kreuz Christi geht:
In einem Fürstentum war ein schwerer Diebstahl begangen worden, der mit einer stattlichen Anzahl von Peitschenhieben zu bestrafen war. Man suchte nach dem Dieb und
ermittelte letztendlich die alte Mutter des Fürsten als Täterin. Das brachte den Fürsten
in größte Bedrängnis. Ließ er die Mutter straffrei ausgehen, machte ihn das unglaubwürdig;
Ließ er die Bestrafung seiner Mutter zu, würde die das nicht überleben. Der Fürst sann die
ganze Nacht darüber nach, wie er diesem Dilemma herauskommt. Schließlich kam ihm der
rettende Einfall: Er selbst würde sich, anstelle seiner alten Mutter, die Peitschenhiebe
verpassen lassen. So geschah es auch. Für die Untertanen war damit klar, dass es dem
Fürsten Ernst ist, mit der Bestrafung von Fehlverhalten und die Gesetze unter allen Umständen gelten. Gleichzeitig wurde damit aber auch die Barmherzigkeit des Fürsten gegenüber
seiner Mutter sichtbar.
Das Kruzifix steht nach wie vor an zentraler Stelle in sakralen Bauwerken und das Kreuz
ist zum Symbol und Zeichen des Christentums geworden. Das Kreuz Christi ist allerdings
seit jeher ein Ärgenis und vielen eine Torheit. Paulus schreibt davon sehr klar und deutlich
im 1. Korintherbrief:
Denn das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden; uns aber,
die wir selig werden, ist's eine Gotteskraft. Denn es steht geschrieben: »Ich will
zunichte machen die Weisheit der Weisen, und den Verstand der Verständigen will
ich verwerfen.« Wo sind die Klugen? Wo sind die Schriftgelehrten? Wo sind die
Weisen dieser Welt? Hat nicht Gott die Weisheit der Welt zur Torheit gemacht?
Denn weil die Welt, umgeben von der Weisheit Gottes, Gott durch ihre Weisheit nicht
erkannte, gefiel es Gott wohl, durch die Torheit der Predigt selig zu machen, die daran
glauben. Denn die Juden fordern Zeichen, und die Griechen fragen nach Weisheit,
wir aber predigen den gekreuzigten Christus, den Juden ein Ärgernis und den Griechen
eine Torheit; denen aber, die berufen sind, Juden und Griechen, predigen wir Christus
als Gottes Kraft und Gottes Weisheit. Denn die Torheit Gottes ist weiser, als die Menschen
sind, und die Schwachheit Gottes ist stärker, als die Menschen sind.
1.Korinther 1 18-25
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Diese klare Botschaft, die im Zentrum des christlichen Glaubens steht, wird bis in unsere Tage
immer wieder verbogen und "passend" gemacht. Angeblich deshalb, weil sie den heutigen und
damit "modernen" Menschen nicht mehr zumutbar ist. Angeblich wird Gott hier als ein rachesüchtiger, blutrünstiger Brutalogott dargestellt, der Blut saufen möchte und dabei selbst vor
der Opferung seines Sohnes nicht zurückschreckt - und einen solchen Gott könne man unmöglich lieben. Wäre Gott so, wie er hier von manchen dargestellt wird, wäre diese Schlussfolgerung
allerdings nicht falsch.
Um die Botschaft vom Kreuz "bekömmlicher" und "akzeptabler" zu machen, wird sie deshalb
umgedeutet. Der Tod Christi am Kreuz wird dann z.B. als eine Art Solidarität Gottes mit den Menschen dargestellt, wonach Gott in seiner Liebe alles das mit- und durchmacht, was auch Menschen an Leid geschieht. Sicher ist daran manches richtig - aber das ist nicht der Kern der Botschaft.
Wie ist das Kreuz nun zu verstehen? Man kann dazu nur soviel sagen, dass es ein "hochheiliges
Geschäft" ist und letztlich ein Geheimnis bleibt, wie es sein kann, dass Jesus Christus, durch sein
Leiden und Sterben und seine Auferstehung, die Vergebung aller Sünden und unser Heil und unsere
Erlösung bewirken konnte.
Möglich sind hier nur Erklärungen an Hand der Schrift.
Danach ist es so, dass Gott auch ein heiliger und absolut gerechter Gott ist, der um seiner Gerechtigkeit Willen die Sünde nicht ungestraft lassen kann.
Was ist denn nun Sünde?
Ist Gott etwa ein kleinlicher Erbsenzähler, der keinerlei Verständnis hat und völlig humorlos ist?
Das ist Gott gewiss nicht. Aber Sünde ist in Gottes Augen etwas unvorstellbar Schlimmes, weil
Sünde zerstörerisch und tödlich ist und damit das absolut Gute, das Gott will, Gottes gute und lebenschaffende und -erhaltende Ordnungen zersetzt und kaputtmacht. Sünde ist praktisch ein
Angriff auf Gott und damit auf das Leben selbst. Warum Gott die Sünde und das Böse trotzdem
zulässt ist eine Frage, die wir nicht beantworten können. Wir können nur feststellen, dass es so
ist und dass wir als Menschen, so wie wir von Natur aus sind, Gott nicht gefallen können, Gott
und deshalb aber trotzdem unendlich liebt.
Sünde ist nicht so sehr die einzelne sündige Tat, sondern die Grundhaltung unseres Herzen,
mit der wir uns ständig gegen Gott stellen, in dem wir nicht nach ihm fragen, sondern das tun,
was wir wollen. Eigentlich sollte es so sein, dass Gottes Willen und unser Willen identisch sind.
Dann wäre alles paradisisch gut!
Die Bibel sagt uns dazu nur soviel, dass der Mensch, am Anfang seiner Geschichte, dem Bösen,
durch den Sündenfall, den Weg in eine anfangs vollkommene Schöpfung geöffnet hat und das Gott
am Ende der Tage seine Neuschöpfung verwirklicht an der wir Teil haben, wenn wir das Angebot
der Sündenvergebung und Neuwerdung in Christus annehmen.
Durch die Auferstehung Christi hat Gott im übrigen das Opfer Christi angenommen und bestätigt,
weshalb ohne die Auferstehung der ganze christliche Glauben unsinnig wäre, wie Paulus an anderer
Stelle im Neuen Testament schreibt.
Und wie ist das nun mit dem Sühneopfer Christi? Wie "blutrünstig" ist Gott? Nach biblischer Auskunft muss für Sünde und Schuld gezahlt werden. Im Alten Bund waren dafür Tieropfer notwendig.
Nicht weil Gott "blutrünstig" und "rachesüchtig" wäre, sondern um deutlich zu machen, wie Sünde
zu bewerten ist. Das Sühneopfer Christi, das Gott, als Vater Jesu Christi, sicher nicht leichtgefallen
ist, hat eine ausgleichende Gerechtigkeit bewirkt in dem es unser Schuldkonto ausgeglichen hat
und wir jetzt sauber vor Gott dastehen weil die Hindernisse zwischen Gott und uns ausgeräumt
sind.
Mit menschlichen Worten ausgedrückt, hat die Heilstat Christi ein solches Gewicht, dass man von
einem "Rechtsanspruch" gegenüber Gott sprechen kann, den Christus für uns erworben hat. Jedenfalls hat Christus ein unendliches Guthaben für uns erworben, mit dem wir immer wieder unsere
Schulden begleichen können, denn wir leben auch weiterhin aus der Vergebung.
Er ist auch nicht durch das Blut von Böcken oder Kälbern, sondern durch sein eigenes
Blut ein für allemal in das Heiligtum eingegangen und hat eine ewige Erlösung erworben.
Denn wenn schon das Blut von Böcken und Stieren und die Asche von der Kuh durch Besprengung die Unreinen heiligt, so daß sie äußerlich rein sind, um wieviel mehr wird dann
das Blut Christi, der sich selbst als Opfer ohne Fehl durch den ewigen Geist Gott dargebracht
hat, unser Gewissen reinigen von den toten Werken, zu dienen dem lebendigen Gott!
Hebräer 9, 12-14
Jesus sagt im übrigen von sich, dass er das Opfer freiwillig auf sich genommen hat. Damit hat er aber
auch gleichzeitig dem Willen Gottes entsprochen.
Die Liederdichter vergangener Tage haben dies in vielen Liedern anschaulich beschrieben.
Ob "modern" oder "zeitgemäß", ob dem "modernen Menschen" zumutbar oder nicht:
Es geht hier um eine zeitlos gültige Wahrheit an die wir in der vor uns stehenden Passionswoche besonders denken sollten.
Was ist die Ursach' aller solcher Plagen?
Ach, meine Sünden haben dich geschlagen!
Ich, ach Herr Jesu, habe dies verschuldet,
Was du erduldet.
Wie wunderbarlich ist doch diese Strafe!
Der gute Hirte leidet fuer die Schafe,
Die Schuld bezahlt der Herre, der Gerechte,
Für seine Knechte.
Der Fromme stirbt, so recht und richtig wandelt;
Der Böse lebt, so wider Gott misshandelt;
Der Mensch verwirkt den Tod und ist entgangen,
Gott wird gefangen.
Ich war von Fuß auf voller Schand' und Sünden,
Bis zu dem Scheitel war nichts Gut's zu finden;
Dafür hätt' ich dort in der Hölle müssen
Ewiglich büßen.
O große Lieb', o Lieb' ohn' alle Masse,
Die dich gebracht auf diese Marterstraße!
Ich lebte mit der Welt in Lust und Freuden,
Und du mußt leiden.
(Lied 'Herzliebster Jesu, was hast Du verbrochen?', Autor: Johann Heermann 1630)
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