Bibel und christlicher Glaube

gottesbotschaft.de - 19.04.2024
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Bibelübersetzungen

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Bibelübersetzungen



Urtexte

Es gibt keine "Urbibel". Ausgangspunkte für unsere Bibel sind die Kodexi. Das sind alte Abschriften und Fragmente. Aus diesen wird so etwas wie eine "Urbibel" erstellt, der als "Urtext" bezeichnet wird und für deren Herstellung besonders viel Sorgfalt erforderlich ist.

Die Urtexte des Alten Testaments werden in Hebräisch abgefasst und die des Neue Testaments in Griechisch, wobei dies nicht das moderne Griechisch ist, sondern ein Dialekt des Altgriechischen, der als Koine bezeichnet wird.

Urtexte sind im Laufe der Jahrhunderte immer wieder neu erstellt und überarbeitet worden um eine möglichst genaue Vorlage für Bibelübersetzungen in die jeweiligen modernen Sprachen zu haben.

Die ursprüngliche Bibel hatte keine Verse. Diese nützliche Einteilung in Verse, um Bibelstellen leichter zu finden, geht auf den Buchdrucker Robert Stephanus zurück, der 1503-1559 lebte und in Paris wirkte. Seine Verseinteilung wird bis heute verwendet.
Stephanus wurde wegen seiner Bibeltreue verfolgt und musste nach Genf fliehen. Er schrieb viele wissenschaftliche Werke zur Bibel und verfasste auch verschiedene Urtexte.


Problematiken der Bibelübersetzung

Zunächst gibt es das Problem, dass gewisse Begriffe einfach nicht exakt so in einer anderen (unserer) Sprache existieren.
So ist unsere Sprache stark mit englischen Begriffen durchsetzt wie z.B. "Hobby", "Computer", "Flatrate", "Camping", "Team". Jeder weiß was das ist, aber geeigneten deutsche Begriffe, die ganz exakt das aussagen, was der englische Begriff beinhaltet, kennen wir nicht.
Wenn man diese Worte ins Deutsche übertragen will, muss man einen ganzen Satz schreiben. Der bei dem Begriff "Camping" z.B. so lauten könnte: "Wohnen in einer beweglichen Unterkunft in freier Natur zum Zwecke der Freizeitgestaltung unter Mitnahme eines Teils des Hausrats". Für Hobby wurde früher der Begriff "Steckenpferd" verwendet, was bei wortwörtlichem Verständnis allerdings zu Irritationen führen könnte.

Wie wir aus der deutschen Sprache wissen, gibt es viele gleich lautende Worte mit völlig unterschiedlicher Bedeutung, wobei oftmals sogar die Groß- oder Kleinschreibung des gleichen Wortes einen völlig anderen Sinn ergibt. Z.B. "Gut" und "gut", "laden" und "Laden".
Zudem gibt es doppeldeutige Formulierungen wie "geladene Gäste", "Gewitter im Anzug" oder Sätze die doppeldeutig verstanden werden können wie, "Zum Glück fehlt ihm die Frau", oder "ja, die lieben alten Herrn haben junge Mädels gern". Der Begriff "Kugellager" wurde von Japanern mal mit "rundes Sofa" übersetzt.

Gleiches gilt für Satzzeichen, die in den Ursprachen fehlen. "Der Bauer sprach der Knecht ist ein Schwein!" Wer ist das Schwein?
Erste Möglichkeit: "Der Bauer, sprach der Knecht, ist ein Schwein!"
Zweite Möglichkeit: "Der Bauer sprach, der Knecht ist ein Schwein!"
Die Probleme gibt natürlich andersherum, im Bezug Übersetzung des Deutschen in andere Sprachen, genau so und das ist bei der Übersetzung biblischer Texte nicht anders.

Um die Bibel wirklich verstehen zu können, müsste man hebräisch denken können.
Wer Theologie studiert, muss deshalb die biblische Ursprache Hebräisch und auch Altgriechisch lernen und möglichst beherrschen, wenn er den Urtext wirklich verstehen will.

Und nicht nur das. Man sollte auch das kulturelle Umfeld und die Bedeutung von Sitten und Gebräuchen, in den Zeiten von denen die biblischen Berichte handeln, kennen. Wenn es z.B. heißt, dass sich Jesus setzte um zu lehren, dann nicht, weil er müde war, sondern weil man sich zum Lehren setzte.

Altgriechisch war vor 2000 Jahren das, was heute Englisch ist. Von daher wimmelt unsere Sprache nur so von griechischen Begriffen. Man denke an Theater, Stadion, Theke, Apotheke, Bibliothek, chronisch, Gymnasium, Grafik, Theologie, Logik aber auch Auto, Kino und Foto und unendlich viele andere Begriffe, bei denen wir es gar nicht mehr merken, kommen aus dem Griechischen. Sogar "Jesus Christus", (eigentlich richtig: "Jeschua der Messias") und "Evangelium" sind griechisch.

Unser abendländisches Denken ist sehr stark von der griechischen Philosophie geprägt. Man muss hier nur an den Leib-Seele-Dualismus denken, der, wie unser gesamtes abendländisches Denken dem Hebräischen und damit auch der Bibel fremd ist. Die Übersetzer lassen aber unbewusst ihre abendländischen Vorstellungen in die Übersetzung einfließen, wodurch diese verfälscht werden kann.

Es gibt Worte im Urtext, für die es im Deutschen keine Entsprechung gibt. Ein Beispiel ist das hebräische Wort "bara". Dieses wird ausschließlich verwendet, wenn vom Schaffen Gottes die Rede ist.

Durch falsche Übersetzungen können erhebliche Irritationen entstehen.
Beispiele:
Im 2. Buch Mose 34, 30 wird davon gesprochen, dass das Antlitz Mose strahlte, weil er mit Gott geredet hatte. Im Hebräischen ist "strahlen" identisch mit "Hörner" und so wurde von Hieronymus übersetzt "sein Antlitz war behornt", weshalb Mose von Michelangelo mit Hörnern dargestellt wurde.
Ganz ähnlich ist es auch mit der "Rippe" Adams, aus der Gott Eva geschaffen hat. Das hebräische Wort das hier verwendet wurde, wird besser mit "Seite" oder "Flanke" übersetzt.
Ebenso ist die Verwendung des von Luther verwendeten Wortes "Firmament" für die "Feste des Himmels" im Schöpfungsbericht umstritten, weil dieser Begriff soviel wie "festgehämmerte Platte" bedeutet und damit dazu beiträgt der Bibel ein altertümliches Weltbild, mit der Erde als Scheibe und einem darüber gestülpten käseglockenartigen Himmelsgewölbe, zu unterstellen.
Auch stehende Redewendungen können unter Umständen falsch interpretiert werden. Jesus spricht davon, dass eher ein Kamel durch ein Nadelöhr geht, als ein Reicher ins Himmelreich kommt. Auf aramäisch bediente sich Jesus hier der Redewendung: Eher geht ein Schiffstau durch ein Nadelöhr als dass ein Reicher ins Himmelreich kommt. Infolge eines geringfügigen Übersetzungsfehlers wurde aus Tau (gamta) ein Kamel (gamal).
Hinweis: Auf diese Interpretationsfehler weist der jüdische Religionsphilosoph Pinchas Lapide, der es als Hebräer wissen muss, in seinem Buch "Ist die Bibel richtig übersetzt?" hin.

Das alles heißt natürlich nicht, dass die Bibel uns etwas Falsche vermittelt. Die Bibel ist und bleibt Gottes unfehlbares und irrtumsfreies Wort. Und diese Übersetzungsfehler betreffen keine fundamentalen Aussagen. Es geht darum aufzuzeigen, dass an den Übersetzungen ständig gearbeitet und geforscht werden muss.


Übersetzungsformen

Etwas spitzfindig könnte man sagen, dass nirgendwo von "unfehlbaren und irrtumsfreien Übersetzungen" die Rede ist. Und das mit einer gewissen Berechtigung, denn die Kunst der Übersetzung besteht darin, einen Kompromiss zwischen Wortreue (formorientierte Übersetzung) und Aussagetreue (kommunikative Übersetzung) zu finden, wobei das eine immer auf Kosten des anderen geht. Die absolut perfekte - und damit unfehlbare und irrtumsfreie Übersetzung gibt es nicht. Zu wortgetreu führt zu schwerfälligen fehlinterpretierbaren Aussagen, zu kommunikativ kann wesentliche Begriffe undeutlich werden lassen.

Eine weitere Übersetzungsform ist die konkordante Übersetzung, bei der von den vielen Bedeutungen eines Wortes die "Oberbedeutung" gefunden werden soll. Hier ist aber die Gefahr dass die Vorstellungen des Übersetzers einfließen und am Ende etwas Ungenaues herauskommt, besonders groß. Eher konkordante Übersetzungen, sind die Übertragungen der Bibel, wie "Gute Nachricht", "Hoffnung für alle", die streng genommen keine Übersetzungen sind und deshalb mit Vorsicht zu genießen sind.

Eher formorientiert sind z.B. folgende Übersetzungen:
* Elberfelder Bibel
* Zürcher Bibel
* Schlachter Bibel 2000
* Stier Bibel
* Luther Bibel 1984

Ein Mittelweg zwischen formorientiert und kommunikativ sind z.B. folgende Übersetzungen:
* Bruns Bibel,
* Menge Bibel
* Bibel Einheitsübersetzung

Eher kommunikativ sind z.B.
* Neue Genfer Übersetzung
* Bibel Mülheimer Ausgabe
* Übersetzung von Zink

Eher abschreckende Beispiele für konkordante Übersetzung sind:
* Volxbibel
* Bibel in gerechter Sprache

Eine Sonderstellung nehmen die Studienbibeln ein, die zum Teil mit umfangreichen Kommentaren, Fußnoten und Querverweisen versehen sind, z.B.
* Scofield Bibel
* Thomson Studienbibel
* Wuppertaler Studienbibel
* Neue Jerusalemer Bibel
* Stuttgarter Erklärungsbibel

Für den interessierten Bibelleser können auch Interlinearübersetzungen von Interesse sein. Das sind Bibeln in hebräisch bzw. altgriechisch, in denen unter jedem Wort des Urtextes das deutsche Wort steht. Aber auch das ist nicht vollkommen, weil das grundsätzliche Problem, den eigentlichen Sinninhalt eines Wortes wiederzugeben, damit nicht gelöst ist.

In Anpassung an das Computerzeitalter gibt es auch diverse Bibelausgaben in Form von CDs und DVDs.

Diese Aufzählung ist bei weitem nicht vollständig. Die Vielfalt der Übersetzungen ist aber ein Beleg, für die hier gemachten Aussagen, hinsichtlich der Übersetzungsproblematik.
Weil das so ist, kann es sich empfehlen über mehrere unterschiedliche Übersetzungen zu verfügen um auf diese Weise dem ursprünglichen Text so nahe wie möglich zu kommen.

Was an der Bibel wesentlich ist, sind aber nicht die gedruckten schwarzen Buchstaben auf weißem Grund, sondern die Botschaft, die sie uns vermittelt und hier ist dann immer auch der Geist Gottes am Wirken, daran erkennbar, dass auch die Bibelübersetzungen, trotz mancher Unzulänglichkeiten, Glauben vermitteln und uns im Glauben erhalten und stärken.
Wir können darauf vertrauen, dass Gott, der durch seinen Heiligen Geist das Wort der Schrift eingehaucht hat, auch bei den Übersetzungen darüber gewacht hat, dass sein Wort richtig übersetzt wird. Wir müssen uns dabei allerdings vor einem wortklauberischen Dogmatismus hüten, wie er in machen Kreisen gepflegt wird, der auch Übersetzungen als "unfehlbar" und vom Geist Gottes eingehaucht, verstanden haben will.


Weiterführende und empfehlenswerte Literatur und Quellenhinweise:
Pinchas Lapiede, "Ist die Bibel richtig übersetzt" (Band 1 und 2) ISBN 3-89350-839-2
Monika und Rainer Kuschmierz, "Handbuch Bibelübersetzungen" ISBN 978-3-417-24966-8
David H. Stern "Das jüdische Neue Testament" ISBN 3-7751-1626-5 (hierzu gibt es eine dreibändige Kommentierung)
Praxisbuch "Kurzbibelschule" von Rainer Wagner, Hänssler 1991,ISBN 3-7751-1641-9


  Copyright und Autor: Jörgen Bauer
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